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Eigenschaften von Führungskräften

Ein Beitrag von Dirk Werhahn

Unter Eigenschaftstheorien werden alle Ansätze verstanden, die sich mit der Person der Führungskraft auseinandersetzen (vgl. Neuberger 2002, S. 226). Dabei sind menschliche Eigenschaften Konstrukte, die Menschen nicht direkt erfassen können, sondern erschlossen werden müssen (vgl. Neuberger 2002, S. 226).

Welche Eigenschaften gute Führungspersonen auszeichnen wurde umfangreich erforscht. Rosenstiel gruppiert die Persönlichkeitsmerkmale wie folgt: Befähigung, Leistung, Verantwortlichkeit, Teilnahme und Status (vgl. Rosenstiel 2009, S. 6 f) und beschreibt, dass Führungskräfte mindestens durchschnittlich intelligent sein, gute Sozialkompetenzen aufweisen und eine starke Zielorientierung haben sollen. Zudem sollten sie offen sein für Neues und gerne Neues lernen (vgl. Rosenstiel 2009, S. 9). Wunderer zählt die wesentlichen Anforderungen an Führungskräfte aus einer internationalen Studie auf: Herausragende Führungskräfte sind integer und inspirierend, vermitteln Visionen und haben eine Leistungs- und Teamorientierung. Negative Eigenschaften seien Narzissmus, Autokratie und Rücksichtslosigkeit (vgl. Wunderer 2009, S. 23; siehe auch Kouzes/Kinkel/Posner 2008, S. 44 ff). Neuberger nennt die Eigenschaften, die nach Stogdill als besonders erfolgreich gelten: „Intelligenz; Aktivität, Energie; Erziehung, sozialer Status; Aufstiegswille, Dominanz; Selbstvertrauen; Leistungsmotiv, Drang, andere zu übertreffen; Kontaktfähigkeit, soziale Fertigkeiten“ (Neuberger 2002, S. 232).

Die Kritik an den Eigenschaftstheorien von Führung nimmt die Erfahrungen auf, dass die Vorhersagen, die anhand von Eigenschaften über Führungskräfte gemacht wurden, kaum mit deren Bewährung in der Praxis übereinstimmen (vgl. Steinmann 2013, S. 595). Neuberger verweist auf eine Studie von McCall/Lomborgo. Diese weisen nach, dass sich erfolgreiche von nicht erfolgreichen Führungskräfte nur geringfügig in den relevanten Eigenschaften unterscheiden (vgl. Neuberger 2002, S. 235). Kritisch sei zudem, dass sich unter bestimmten Bedingungen bestimmte Eigenschaften realisieren lassen. In anderen Fällen habe das jedoch keine Auswirkung (vgl. Rosenstiel 2009, S. 7).

Steinmann benennt drei Gründe dafür, warum der Ansatz gescheitert sei: Es werden nicht alle Kriterien (Alter, Erbschaft etc.) berücksichtigt, die Grundlage für die Entscheidung sind, wem eine entsprechende Führungsaufgabe übertragen wird. Zweitens hat sich die Annahme nicht bestätigt, dass Persönlichkeitsmerkmale in verschiedenen Situationen gleiches Verhalten auslösen. Vielmehr wurde deutlich, dass Verhalten aus Person und Situation entsteht. Drittens hat sich herausgestellt, dass es keine allgemeingültigen Führungseigenschaften gibt, sondern dass die unterschiedlichen Führungssituationen auch unterschiedliche Anforderungen an Führungskräfte stellen (vgl. Steinmann 2013, S. 595).

Steiger sieht die Annahme überholt, dass es nur auf Charaktereigenschaften der Führungskräfte ankommt, wenn der Führungserfolg beschrieben werden soll. Das liegt vor allem daran, dass es für Führungserfolg keine monokausalen Erklärungen gibt (vgl. Steiger 2013, S. 41).

Dennoch wird an den Eigenschaftsansätzen festgehalten, wofür Neuberger einige Gründe nennt (vgl. Neuberger 2002, S. 241 f):

  1. Im westlichen Individualismus ist es kulturell verankert, dass die Leistungen auf einzelne Personen zurückgeführt werden.
  2. Mit der Vorstellung, dass einzelne Personen beherrschbar sind, ist die Zuversicht verbunden, dass auch Systeme gesteuert werden können.
  3. Belohnungs- und Kontrollsysteme sind auf einzelne Leistungen ausgerichtet.
  4. Einzelne Personen sind greifbar.
  5. Personen definieren sich in der westlichen Welt über Leistungen, die ihr persönlich zugeschrieben werden.
  6. Es herrscht die Vorstellung, dass es von den einzelnen Personen abhängt, ob sie ihre Potenziale in Performanz (Leistung) umsetzt.

Rosenstiel weist bei aller Kritik darauf hin, dass die Eigenschaften der Führungspersonen nicht irrelevant sind. Doch hängt der jeweilige Führungserfolg auch von der Situation und den Eigenschaften der Personen ab, mit denen die Führungskraft in Interaktion steht (vgl. Rosenstiel 2009, S. 9). In Bezug auf neuere Führungsansätze ist interessant, dass es eine Renaissance der Forderungen nach charismatischen Führungspersönlichkeiten gibt (vgl. Wunderer 2009, S. 25).

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Quellen:

Kouzes, James M./Kinkel, Silvia/Posner, Barry Z.: Leadership Challenge. Deutschsprachige Ausgabe. 1. Aufl. Weinheim, Bergstr 2008.

Neuberger, Oswald: Führen und führen lassen. Ansätze, Ergebnisse und Kritik der Führungsforschung. (UTB für Wissenschaft, Bd. 2234). 6. Aufl. Stuttgart 2002.

Rosenstiel, Lutz v.: Grundlagen der Führung. In: Rosenstiel, Lutz v./Domsch, Michel/Regnet, Erika (Hrsg.): Führung von Mitarbeitern. Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement. 6. Aufl. Stuttgart 2009, S. 3–27.

Steiger, Thomas: Das Rollenkonzept der Führung. In: Steiger, Thomas/Lippmann, Eric (Hrsg.): Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte. Führungskompetenz und Führungswissen. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, Heidelberg 2013, S. 35–61.

Steinmann, Horst: Management. Grundlagen der Unternehmensführung Konzepte – Funktionen – Fallstudien. [S.l.] 2013

Wunderer, Rolf: Führung und Zusammenarbeit. Eine unternehmerische Führungslehre. 8. Aufl. Köln 2009.

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